Eine aktuelle Studie von US-Forschern, zu denen auch der renommierte Tesla-Batterieforscher Jeff Dahn gehört, hat neue Erkenntnisse über die Auswirkungen hoher Ladezustände auf Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP-Zellen) offenbart. Die Ergebnisse werfen Fragen zur gängigen Praxis auf, E-Autos regelmäßig vollständig aufzuladen, und könnten zukünftig zu Änderungen in den Ladeempfehlungen führen.
Hohe Ladezustände schädigen LFP-Zellen
Die Studie, veröffentlicht im Journal of Electrochemical Society, zeigt, dass wiederholtes Laden bei hohen Ladezuständen (State of Charge, SoC) die Lebensdauer von LFP-Zellen negativ beeinflusst. Wie bei Batterien mit Nickel, Mangan und Kobalt (NMC-Zellen) führt auch bei LFP-Zellen ein hoher Ladezustand zu einer Erhöhung der Spannung, allerdings mit einer unterschiedlichen Verlaufskurve. Wird die Batterie bei hoher Spannung und erhöhter Temperatur geladen, beispielsweise beim Schnellladen, können schädliche chemische Reaktionen im Elektrolyt auftreten. Diese Reaktionen führen zur Bildung von Ablagerungen an der Anode, was die nutzbare Kapazität der Zelle verringert.
Die Forscher betonen, dass der Kapazitätsverlust stärker ist, wenn die Batterie oft in einem Ladezustand von 75 bis 100 Prozent betrieben wird. Die Lebensdauer der Batterie verlängert sich hingegen, wenn sie überwiegend in einem niedrigeren Ladezustand gehalten wird. Die Studie rät daher dazu, die Zeit in hohen Ladezuständen möglichst zu minimieren.
Konflikt mit den Empfehlungen der Autohersteller
Diese Erkenntnisse stehen im Widerspruch zu den aktuellen Empfehlungen von Autoherstellern wie Tesla und Ford. Tesla empfiehlt beispielsweise, die LFP-Versionen des Model 3 und Model Y mindestens einmal pro Woche vollständig aufzuladen, während Ford eine monatliche Vollladung empfiehlt. Diese Empfehlungen basieren auf der Notwendigkeit, das Batterie-Management-System (BMS) zu kalibrieren, damit es den Ladestand und die Restreichweite genauer bestimmen kann. Da der Spannungsverlauf von LFP-Zellen flacher ist, benötigt das BMS regelmäßige Fixpunkte, die durch eine Vollladung gesetzt werden.
Die Studienautoren erkennen an, dass es nicht realistisch ist, LFP-Zellen nur in einem niedrigen SoC-Bereich von 0 bis 25 Prozent zu betreiben, da dies die nutzbare Kapazität der Batterie stark einschränken würde. Sie schlagen vor, die Ladegewohnheiten nicht grundsätzlich zu ändern, sondern das Verhältnis zwischen Kapazitätserhalt und nutzbarer Kapazität individuell abzuwägen.
Ausblick: Mögliche Anpassungen in der Praxis?
Da Jeff Dahn, einer der führenden Experten für Batterietechnologie, an der Studie beteiligt ist, könnte diese Forschung langfristig Einfluss auf die Ladeempfehlungen der Autohersteller haben. Es bleibt abzuwarten, ob diese neuen Erkenntnisse zu einer Anpassung der Empfehlungen führen werden, um die Lebensdauer der Batterien zu optimieren, ohne die Nutzerfreundlichkeit zu beeinträchtigen.